Die Erfindungen des Dr. Richard Küch

Aus einem Heft zum 100 Jubiläum der Firma Heraeus im Jahre 1951
Text Dr. Otto Heraeus und Dr. Fritz Küch S. 21 f.

Vom Platinschmelzen her an die Arbeit mit hohen Temperaturen Quarzglas gewohnt, glückte es Dr. Küch im Jahre 1899, größere Mengen Bergkristall im Knallgasgebläse zu Quarzglas zu schmelzen, so dass an eine industrielle Verwertung gedacht werden konnte. Als hervorragendste Eigenschaft besitzt das Quarzglas neben der Ultraviolettdurchlassigkeit und der Temperaturfestigkeit eine sehr hoheTemperaturwechselbeständigkeit, d. h. es verändert sich auch bei krassem Temperaturwechsel kaum, so dass man es z. B. weißglühend in kaltes Wasser tauchen kann, ohne dass es zerspringt. Da es außerdem fast absolut säurebeständig ist - nur Flußsäure und konzentrierte Phosphorsäure bei hohen Temperaturen greifen Quarzglas an -, werden aus diesem Werktoff seitdem zahlreiche Laboratoriumsgeräte hergestellt, von einfachen Schalen, Tiegeln, Rohren nnd Kolben angefangen, bis zu den kompliziertesten Apparaturen der Gegenwart.

Waren die Entwickungen der Firma Heraeus im allgemeinen zur Verwendung in der Industrie bestimmt, so schlug im Jahre 1904 die Geburtsstunde eines der populärsten Gerate der Welt, der "Höhensonne"'. Seine Väter ahnten es damals und lange Jahre hinaus alIerdings noch nicht. Es handelte sich um die Quarzglas-Quecksilberlampe, bei der in einem hochevakuierten Quarzglasbrenner ein Quecksilberlichtbogen zum Brennen gelangt. Sie hatte gegenüber der üblichen Kohlenbogenlampe den Vorzug, dass die infolge Abbrennens der Kohlenstifte täglich erforderliche Neubestückung wegfiel, und so sah man der Verwendung der neuen Lampe als Beleuchtungslampe hoffnungsvoll entgegen.

Als Attraktion im kleinsten Kreise der Familie Heraeus vorgeführt. erhielt sie jedoch von unbefangener weiblicher Seite eine vernichtende Kritik: "Die Leute sehen ja aIle wie Leichen aus!" Leider stimmte das, und damit entfielen für die neue Bogenlampe von vornherein schon eine ganze Anzahl Anwendungsgebiete. Alle Versuche, die grünliche Farbe des Lichtes zu verändern, scheiterten. Trotzdem fand die Lampe eine zeitlang Verwendung zur Beleuchtung von großen Montagehallen, Freiflächen und Straßen (z. B. der Nürnberger Straße in Hanau), bis die hochkerzigen Metallfadenlampen die neue Quarzlampe als Beleuchtungslampe zu völliger Bedeutungslosigkeit verurteilten. Für die Herstellung und den Vertrieb der Lampe war die Quarzlampen-Gesellschaft m.b.H., Hanau, gegründet worden.

Es war sehr gut, daß die neue Lampe noch nicht zur Beleuchtung von Wohnungen oder gar als Tischlampe benutzt wurde, denn Dr. Küch, dem Erfinder, fiel es wiederholt auf, dass er sich bei geringerem Abstand von der Lampe Verbrennungen an Gesicht und Händen sowie Entzündungen an den Augen zuzog, und bald kam er dahinter, dass das Quarzglas in erheblichem Ausmass ultraviolette Strahlen durchliess, so dass von seiner Lampe ähnliche Wirkungen ausgingen wie von der Sonne in Bergeshöhen. Die heilende Wirkung dieser ultravioletten Strahlen konnte an Verwundeten des ersten Weltkrieges unzweideutig beobachtet werden, und damit trat das eigentliche Anwendungsgebiet der Quarzlampe zutage. Die "Künstliche Höhensonne" begann unter der Leitung ihres hervorragend tüchtigen Direktors Hippolyt Meles ihren Siegeszug über die ganze Erde, und heute kann man nicht sagen, wem die Stadt Hanau mehr ihren Weltruf verdankt, ihrer Schmuckwaren-Industrie oder der "Künstlichen Höhensonne, Original Hanau".

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Aus dem Buch von Daniela Gniss; Heraeus – ein Familienunternehmen seit 1851, 2001. S. 44

In der Person von Dr. Richard Küch fand W. C. Heraeus bereits 1890 den Mann, der durch seine wissenschaftliche Kompetenz und Leistung dazu beitrug, dass die betriebseigene Forschung zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Unternehmens wurde. Ausgelöst wurde die Suche nach einem wissenschaftlichen Mitarbeiter durch den Wunsch von Wilhelm und Heinrich Heraeus, für die zu diesem Zeitpunkt aufkommende Platinotypie geeignetes Platinpapier zu fertigen und selbst zu vertreiben. Richard Küch, ein Schulfreund von Wilhelm Heraeus, der zu diesem Zeitpunkt Assistent am mineralogischen Institut der Universität Berlin war, wurde mit der Aufgabe betraut, ein für diese Art der Fotografie brauchbares Papier zu entwickeln. Die entsprechenden Versuche Küchs waren nicht von Erfolg gekrönt und die Forschung auf diesem Sektor wurde schließlich eingestellt. zumal auch die Erfindung des Rollfilms Ende der 80er Jahre durch den Amerikaner Goodwin das Ende der Fotoplatten. die in den damaligen Daguerre'schen Kastenkameras Verwendung fanden, bedeutete. Obwohl die Forschungstätigkeit von Küch auf dem Gebiet des Platinpapiers in der praktischen Umsetzung ergebnislos blieb, sah man dennoch seitens des Unternehmens eine Zukunft in der weiteren Zusammenarbeit mit ihm. Bereits ein halbes Jahr später trat Richard Küch als Chemiker in das Unternehmen ein und es gelang ihm rasch, das Problem der Herstellung von reinem Platin zu lösen. Aus dieser Entwicklung resultierte ein für das Unternehmen lukratives Geschäft, denn es war W. C. Heraeus gelungen, die Metalle Platin und Rhodium in einem Reinheitsgrad herzustellen, der ihre Verwendung auch bei der Herstellung von Thermoelementen nach Le Chatelier ermöglichte. ....

Weitere Ausführungen zu Dr. Richard Küch und seiner Familie von Martinus Emge

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